Corona! Trost!! Ostern!!!

Ein Gastbeitrag von Martin R.

Es gibt wohl kaum ein Wort, das in der Gegenwart so häufig ausgesprochen wird wie >CORONA< (dabei klingt es in der Übersetzung von „Kranz“ oder „Krone“ so ungefährlich) und es gibt in der Gegenwart keine größere Bedrohung menschlichen Lebens als diese Corona-Pandemie.
In jeder Nachrichtensendung und in jeder Zeitung stehen die Hinweise auf Covid19-Infizierte und auf die mit oder an Covid19 Verstorbenen an vorrangiger Stellung.
Und wie gehen wir im Hospizverein damit um?
Unser Wunsch, „Leben begleiten bis zuletzt“, wird unmöglich gemacht durch die Besuchsverbote in Heimen und Krankenhäusern, unser bisher monatlich stattfindendes >Trauer-Cafe< ist geschlossen, Abstand und Maske erschweren jede menschenwürdige Sterbebegleitung.
Dabei ist das Virus ja nicht nur gefährlich für Bewohner*innen von Alten- und Pflegeheimen, sondern auch die Einsamkeit.
Wer von uns hätte sich vorstellen können, dass wir jemals Sterbende allein lassen müssen und Angehörigen bei der Bewältigung von Abschied und Trauer nicht mehr oder nur kaum hilfreich zur Seite stehen können?!
Dass nicht nur wir, sondern alle Hospizvereine durch den Rückgang von Spenden wirtschaftlich stark betroffen sind, soll abschließend nicht verschwiegen werden.

Ich bin mit vielen meiner Fragen auf ein Buch gestoßen: >TROST< von Thea Dorn.
Ihre Romanfigur Johanna platzt fast vor Wut, weil ihre Mutter im Krankenhaus gestorben ist, einsam und alleingelassen. „Gestorben, weil sie sich in ihrem verdammten Leichtsinn für unsterblich hielt. Gestorben, weil blinde Politiker nicht sehen wollten, welche Gefahr auf uns zukommt. Gestorben, weil Wissenschaftler fröhlich verkündet haben, mit ein bisschen Händewaschen und In-die-Armbeuge-Niesen sei dieses Virus schon auszutricksen. Gestorben, weil unsere Krankenhäuser von einer Seuche heillos überfordert sind.“
Ist eine derart einseitig zugespitzt und aggressiv formulierte Haltung deshalb auch schon falsch? Damit muss ich mich hier nicht auseinandersetzen, wohl aber mit der Frage, ob ich in meiner Hospizarbeit zukünftig nicht nur „Leben bis zuletzt“ begleiten will, sondern ich mich fragen sollte, ob es nicht auch notwendig wäre, „wenn „die Auseinandersetzung mit der eigenen Endlichkeit als selbstverständliches und gut eingeübtes Element von Lebenskunst verstanden würde“ (Jürgen Wiebicke)
Ist das schon Trost?
„Würde ich anfangen, eine Trostliste anzulegen, müsste Musik ganz oben stehen“ schreibt Johanna. Hier klingt an, wie gefährlich es war und noch immer ist, das Überleben nur medizinisch zu begründen und die Gesundheit der Seele so sträflich zu vernachlässigen. Ich erinnere an die Aussage des Bundestagspräsidenten Wolfgang Schäuble: “Die Würde des Menschen ist ein höherer Wert als der Lebensschutz“.

Trost durch >OSTERN< ?
Gibt es neben der Musik auch eine theologische Trostkompetenz? Sicher nicht für diejenigen, die jenseits der Todesgrenze keinerlei Überraschungen mehr von ihrem Leben erwarten.
Andererseits steht Ostern genau dafür.
Das Stichwort heißt >Auferstehung<, heißt anders über den Tod nachzudenken; heißt über die Endlichkeit unseres Lebens überhaupt und wenn möglich sogar früher nachzudenken.
„Klug“ zu werden verspricht der Psalmbeter aus der Bibel demjenigen, der sich rechtzeitig darauf einlässt, dass er/sie sterben muss.
Mir verhilft diese Klugheit zu einer respektvollen Gelassenheit in der Begleitung alter und sterbender Menschen: „Geborgenheit im Letzten schenkt Gelassenheit im Vorletzten“ (Romano Guardini)

Ich grüße jede(n) Leser*in dieses Briefes und jede(n) Mitarbeiter*in unseres Hospizvereins zum Osterfest in dieser Gewissheit sehr herzlich, auch mit der Corona-Redewendung „Bleiben Sie gesund!“.

Martin R.

Picture of Patrick L.

Patrick L.