Artikel im Harzkurier

Dieser sehr stimmige und ausführliche Artikel schildert die momentane Problematik zwischen den Auswirkungen der Pandemie, sowie den geltenden Corona-Regelungen und welche Effekte diese für unsere Hospizarbeit haben. Wir bedanken uns bei Petra Bordfeld, dass diese Problematik thematisiert wird und hoffen, dass die Betreuung bald wieder uneingeschränkter stattfinden kann.  

Der Artikel in Textform

Corona stellt den Hospizverein Osterode vor große Herausforderungen
OSTERODE

Sterbebegleitung: Dem ambulanten Hospizverein in Osterode bereitet die Pandemie große Probleme. Sein Ziel ist die Steigerung der Lebensqualität.
„Dem Leben nicht mehr Tage geben, sondern den Tagen mehr Leben“: Diese Aussage von Cicely Saunders, die als Begründerin der modernen Hospizbewegung und Palliativmedizin gilt, steht nicht nur auf der neuen Homepage des ambulanten HospizVereins Osterode, sondern ist für die haupt- und ehrenamtlichen Mitglieder der Grundgedanke, der sie unerschütterlich durch die Corona-Pandemie begleitet.

Koordinatorin Beate Bötzl betonte bei einem Rückblick, dass Corona seit März 2020 deutliche Einschränkungen der Sozialkontakte in Pflegeeinrichtungen zu den Hospiz-Begleit-Personen gegeben habe. „Aber wir sind mit der Aufgabe, Sterbende auf ihrem letzten Weg zu begleiten, in den Hintergrund geraten, weil viel Angst da war“. Dies hätte sich stark auf die Einsätze bemerkbar gemacht, denn von den 24 Begleiterinnen und Begleitern seien nur acht im Einsatz gewesen.

Das Recht, in Würde zu sterben
Auch wenn man weniger um Hilfe gebeten worden sei, habe man nie vergessen, dass jeder ein Recht dazu hat, in Würde zu sterben. Vielmehr habe Corona gezeigt, dass es noch intensivere Informationen zum Thema „Palliativdienst“ geben müsse, der von den Krankenkassen gefördert wird, und das Recht auf ihn gesetzlich fest geschrieben ist. Denn in der Palliativversorgung gehe es schließlich um die umfassende Betreuung von Menschen mit nicht heilbaren, fortschreitenden und weit fortgeschrittenen Erkrankung bei einer zugleich begrenzten Lebenserwartung. „Das oberste Ziel ist die Linderung ihrer Beschwerden und die Steigerung ihrer Lebensqualität“.

Genau aus dem triftigen Grund habe man Palliativ-Patienten während der Lockdownphasen begleiten dürfen, worüber die Betroffenen dankbar seien. Denn die Vereinsamung in Altenheimen sei schlimm, auch wenn die Einrichtungen Konzepte dagegen aufgebaut haben. Im Prinzip hätten alle Anspruch auf Hospizbegleitung. Es fehle allerdings die entsprechende Aufklärung in der Gesellschaft. „Über das Pflegen und Sterben wird nur gesprochen, wenn es einem nicht gut geht, der Tod gehört aber zum Leben, und auf den letzten Weg helfen wir“, so die erste Vorsitzende Petra Schröder. Hospiz ist weltoffen, keiner Religion wird die Tür zugemacht, jeder Mensch hat den gleichen Anspruch. „Wir haben aber nicht auf das Recht gepocht, sondern die Entscheidung der Heime akzeptiert. Wir wollen schließlich mit ihnen zusammen arbeiten“, so die Vorsitzende.

Aufwind für Post und Telefon
Allerdings habe sich kein Aktiver vom Hospizverein aufgrund der vorbeugenden Maßnahmen genervt zurück gelehnt und gewartet, dass es weiter geht. Das Briefe oder Postkarten schreiben habe ebenso wieder einen erfreulichen Aufwind erfahren, wie das Telefonieren. Die Menschen hätten sich auch über geschriebene Mitteilungen und Gedanken gefreut. Beate Bötzl und Petra Schröder tendieren auch mehr zu Briefen oder Karten. „Die kann man immer wieder in die Hand nehmen und lesen, Telefonate sind schnell vergessen“.

Wenn es doch eine Begleitung auf dem letzten Weg gegeben habe, sei diese oftmals sehr kurz gewesen. Leider sei man quasi „in letzter Minute“ gerufen worden. „Wenn wir schon eher gekommen wären, hätten wir uns besser kennenlernen und eine Intensivbegleitung aufbauen können“. Schließlich sterbe jeder anders. Im Prinzip habe es keinen Leerlauf gegeben. Man habe sich immer wieder mittels Telefonaten bei Heimen, Ärzten und Angehörigen in Erinnerung gebracht „Hallo es gibt uns und wir sind bereit, was zu machen“.

Auch Angehörigen geholfen
Im Prinzip habe man in dieser Zeit die Angehörigen der Sterbenden noch mehr mitbegleitet, womit das Miteinander auch zusammengewachsen sei. Das sei übrigens ein konstruktiver Weg. Denn viele der Angehörigen kämen nach dem Tod des lieben Menschen auch in die Trauerbegleitung, weil sie sich dort verstanden fühlen. Petra Schröder: „Wir sind für die Angehörigen da“. Beate Bötzl versicherte, dass sie mittlerweile ein wichtiger Ansprechpartner für Angehörige geworden sei. Denn die dürften ja oftmals nicht ins Krankenhaus. „Und ich kann zuhören“, meint sie.

In den Sommermonaten hätten sich die Türen wieder einen Spalt geöffnet, dann durch den zweiten Lockdown wieder verschlossener. Allerdings gebe es jetzt in vielen Heimen Corona-Schnelltest, was es wieder möglich macht, nach Terminabsprache und Test einen bestimmten Zeitraum die Menschen zu begleiten. Erfreulicher sei die Tatsache, dass es beim zweiten Lockdown keine Probleme mit der Beschaffung von Masken und Hygieneartikel mehr gibt. Das sei im ersten Lockdown eine Katastrophe gewesen.

Begleitung bleibt Begleitung
Überhaupt schaue niemand der Begleitenden und dem Vorstand negativ in die Zukunft. „Es ist zwar an der Zeit, auch andere Wege zu suchen, aber wir haben bislang stets was aus jeder Situation machen können. Und Begleitung bleibt Begleitung, gleich, ob einmal mehr telefoniert oder geschrieben wird“. Beate Bötzl erinnert daran: „Gleich was los ist, wir haben die Aufgabe, dass weiter in Würde gestorben werden kann, also werden wir Wege suchen, die für alle gut umzusetzen sind“.

Das unterstrich die Vorsitzende mit der Tatsache, dass in 2020 ein neuer Befähigungskurs für Begleiter angeboten werden sollte. Doch nach dem ersten Treffen funkte Corona dazwischen. „Die Teilnehmer und Teilnehmerinnen haben nicht das Interesse verloren, sie stehen weiter in den Startlöchern und hoffen, dass es bald weiter geht“. Denn, auch wenn man eventuell über das Internet miteinander kommuniziert, könne das nicht das Miteinander ersetzen. „Wir geben nicht auf und werden diesen Kurs weiter anbieten, weil wir engagierte Menschen brauchen“. Sie dankte alle aktiven Begleitern ebenso wie jenen, die schon fast ein Jahr treu darauf warten, dass der Kurs weiter geht. „Ehrenamtliche Menschen zu halten ist immer wichtig und braucht gewisse Motivation“.

Theoretische und praktische Schulung
Wer Sterbebegleiter werden möchte, hat ein Jahr theoretische und praktische Schulung zu absolvieren. Bei der Praxis zeigt sich dann, ob das Vorgenommene auch durchgesetzt werden kann. „Denn es gibt nicht immer den Tod, den sich jeder wünscht: abends ins Bett gehen und morgen endgültig eingeschlafen sein“. Die Begleiterinnen und Begleiter treffen sich übrigens auch zu Supervisionen, wo sie aufgefangen und psychisch betreut werden können, dies auch oftmals durch Fallbesprechungen.

Wer noch mehr erfahren oder seine Meinung äußern möchte, kann dies unter folgender Mail-Adresse tun: info@hospiz-osterode.de.

©️ 2021 Petra Bordfeld

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Patrick L.